Sonntag, 17. Oktober 2010

Kulinarisches

Einfach nur gut:

Gratinierter Lachs mit jungem Ingwer und frittierten Shiso-Rollen, gefüllt mit handgemachtem Miso, flankiert von einer Marone:




Eingelegte Tomaten, fritierte Makrele, Lotuswurzelscheiben mit Fischrogen, ein Stück Süsskartoffel und ein Garnelen-Nigiri.




Krebsfleisch, Sepia, Ginkonuesse und Brasse gedaempft in einer Aubergine mit Bechamelsausse.



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Der Kaiserpalast Tokyo 皇居

Mit Vorladung des Kulturamts hatte ich meinen ersten Besuch im Bereich für Otto-Normal-Verbraucher im Kaiserpalast von Tokyo. Der Besuch war eine sehr eigenwillige Angelegenheit. Ich ging unter in einer riesigen Touristenmenge aus allen Herren Laender, vorangetrieben in klassischer japanischer Touri-Manier. Ein kleiner, extrem forscher Palastbeamter jagte uns in einem irrsinnigen Tempo durch den Bereich, bruellte dabei auf Japanisch in Lichtgeschwindigkeit die Geschichte der Sehenswuerdigkeiten herunter, während er für meine Gaeste meistens nur die einfachen Worte "Ingurisshu, nambaa faifu" fand (Uebersetzung: "fuer eine englische Uebersetzung druecken Sie bitte die Nummer 5 auf Ihrer earphone guide, verehrte ausländische Gaeste"). Und wehe der armen Seele, die es wagte, auch nur 20 Sekunden fuer einen Fotostop zu verharren...

Highlights:

Die Empfangshalle, in der die kaiserliche Familie sich zu Kaiserns Geburtstag und zu Neujahr sich dem Volk zeigt. Das kiefernartige Gebilde zur rechten ist eine Lichtanlage:




Die zwei einzigen erhaltenen Wachtuerme aus den Zeiten, als der Kaiserpalast noch Residenz des Shogun war:









Ein sehr schönes Kiefernarrangement (Foto aus der Huefte geschossen, dank der scharfen Kulturamthunde):





Großes Highlight war der verrostete Tennisplatz aus den 60ern, den man wohl vergessen hatte abzureißen:





Der alte Wehrgraben, mittlerweile mit Lotus gefüllt:




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Tokioter Absonderlichkeiten

Ein versteckter Kindergarten in einem buddhistischen Tempel mitten in Yanaka 谷中. Die Kombination vom rundlichen Anpanman アンパンマン (das japanische Gegenstueck zu Bernd das Brot) in Kombination mit dem Gluecksgott Daikokuten 大黒天 ist wirklich bezaubernd.




Der Tempelwaechter entstammt nicht dem buddhistischen Pantheon...




Sromkabel in prächtiger Vielfalt mit fotographischem Selbstportrait:




Siegreiche Pose mitten im tokioter Kaiserpalast. Well done!




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Osaka twilight

Hier ein Blick auf das nächtliche Osaka von der Aussichtsplattform des Umeda Sky Building, gebaut von Hara Hiroshi:








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Dienstag, 5. Oktober 2010

Nagasaki kunchi 長崎くんち

Gestern hatte ich das große Glueck, den Vorbereitungen zum Nagasaki kunchi 長崎くんち zuschauen zu können. Das eigentliche Fest beginnt erst am 07.10. und wird drei Tage dauern. Jedes Stadtviertel wird dabei einen großen Festivalwagen oder tanzende Drachen durch die Strassen fuehren und die Geschaefte segnen. Ich hatte dem Probezug des sogenannten "Nanbansen" - "Schiff der südlichen Barbaren" - zuschauen koennen. Gemeint sind mit diesen Barbaren die Portugiesen, die 1543 im Sueden Kyushus landeten und dann ab 1577 eine feste Handelsniederlassung in Nagasaki hatten. Festivalwagen sind nichts aussergewoehnliches bei japanischen matsuri 祭り - so werden die religioesen Festivals genannt - aber das Nagasaki Kunchi ist durch seine Dynamik und der Form der Wagen doch etwas Einzigartiges. Die Geschichte des Fests geht auf die erste Haelfte des 17. Jahrhunderts zurück, als das Land sich gerade gegenüber dem Westen abzuschließen begann und die Portugiesen und Spanier des Landes verwiesen wurden. Da das Christentum damals stark verbreitet war auf Kyushu, nutzte man das Nagasaki kunchi, um im Untergrund lebende japanische Christen (Kakure kirishitan 隠れキリシタン) aus ihren Verstecken zu holen. Zu Beginn der Festlichkeiten musste den Drachentaenzern Zugang zu den Privathaeusern gewährt werden unter dem Vorsatz der Segnung des häuslichen Bereichs. Tatsaechlich aber wurde dabei das jeweilige Grundstueck nach versteckten Kruzifixen und Altaeren durchsucht und die Christen hingerichtet. Diese Tradition der "Gartenschau" (O-niwamise お庭見せ) wird bis heute noch als reiner Ritus durchgeführt.

Die meisten der großen Festivalwagen sind kleinformatige Schiffsreproduktionen der damaligen japanischen, portugiesischen wie auch chinesischen Haendler, es werden aber auch große Trommeltuerme, wasserspeiende Walfische oder auch Glueckssymbole wie der Goldhammer des Gottes Daikokuten 大黒天 tanzend und singend durch die Strassen getragen.

Zug der als Portugiesen verkleideten Kinder:




Die portugiesische Karavelle:












Der Zug der Haendler:









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Sonntag, 3. Oktober 2010

Moosteppiche, Boddhisattvas und geschäftstüchtige Mönche

Es gibt Orte, an denen ich mich nicht satt sehen kann. Einer davon ist der Saihoji 西芳寺 in Arashiyama 嵐山, Kyoto 京都. Ein grossflaechiger Landschaftsgarten, der in seiner Gesamtheit mitt einem vielfarbigen Moosteppich ueberzogen ist. Man hat das Gefuehl, in einem atmenden Meisterwerk zu stehen. Mit 120 Arten von Moos bringt jeder Lichteinfall neue Farbnuancen hervor. Hier ein paar Eindruecke:











Der zweite Ort, der mich immer wieder in Atem hält mit seinem geheimnisvollen Licht und seiner jahrhundertalten Geschichte ist die Nekropole des Tempelbergs Koyasan 高野山 südlich von Osaka 大阪. Die hügeligen Friedhofsalleen sind gesäumt mit uralten Rotsicheltannen (sugi 杉), an deren Basis verwitterte Jizo-Statuen (地蔵菩薩) stehen. Obwohl man sich an einem Ort des Todes befindet, ist die Atmosphaere in keinster Weise morbid oder angsteinfloessend. Man hat vielmehr ein Gefuehl feierlicher Ruhe. Der Jizo, der in zahlreichen Formen, wie unbehauenen Steinen, Satuenpyramiden oder in Staemmen eingesetzten Geisterfiguren auftaucht, ist die Totemfigur Japans schlechthin. Genau genommen handelt es sich bei ihm um den indischen Bodhisattva Ksitigarbha, der als Interim-Boddhisattva die Glaeubigen bis zum Kommen des neuen Buddhas trösten sollte. Auch zog er traditionell als Wandermoench durch die 6 Hoellenbereiche, um mit seinem leuchtenden Wunschjuwel den gestürzten Entitaeten den Weg in höhere Daseinsbereiche zu weißen. In Japan hat er teils noch diese Funktion, hat aber im Mittelalter die Funktion des Troesters von Muettern übernommen, die ihre Kinder verloren hatten bzw. abtreiben mussten. Gleichzeitig beten aber auch heute noch werdende Muetter für eine gute Geburt oder trösten ihre schreienden Kinder mit gesegnetem Wasser von Jizo-Quellen (z.B. der Yonakisen 夜泣泉 im Sanjusangendo 三十三間堂, Kyoto). Nebenbei ist er in Kyoto für Zahnschmerzen und Augenprobleme zuständig. An der ehemaligen Richtstaette Edos, in Kozukappara 小塚原 (heute in Minamisenju 南千住, Tokyo), steht bis heute ein großer Kubikiri jizoson 首斬地蔵尊 ("Enthauptungs-Ksitigarbha"), der die Geister der Gekoepften besänftigen soll. Totem, Geburtshelfer, HNO-Arzt und Hoellenwanderer - kein Boddhisattva Japans hat sich mehr vom Buddhismus Indiens entfernt und gleichzeitig derart viele unterschiedliche Aufgaben zugeschrieben bekommen, wie der japanische Jizo. Bis heute werden ihm Kinderspielsachen, rote Haekelmuetzchen und Laetzchen gestiftet, die u.a. die Geister der zu Unrecht Gestorbenen befrieden soll.

Hier ein paar Bilder aus der Nekropole des Koyasan (1-3: Jizo-Statuen, 4: Graeber):
















Ebenso befindet sich auf dem Koyasan der größte Steingarten Japans, im Kongobuji 金剛峰寺:





Wie es sich für Japan gehört, vermischt sich auch hier Skurriles/Niedliches mit Sakralem. Direkt neben einem großen Tempel, welcher der Toten Burmas gedenkt, findet sich ein Kondomautomat (man beachte die wunderbaren Markennamen) sowie ein Grabsteinhaendler mit Hang zu Walt Disney:









Das spirituell außergewöhnlichste Erlebnis dieser Woche war aber die buddhistische Sutrenrezitation im Haustempel der Herberge. Nach gut 40 min. Gesang und Andacht trat der Abt nach vorne, lass die Namen der kuerzlich Verstorbenen vor und wies sofort auf den Verkaufsstand neben dem Altar hin, wo Sutren, Raeucherwerk und weitere Devotionalien fuer das Heil der just Verblichenen verkauft wurden. An dieser Stelle wuerde man nun eine Belehrung erwarten (seppo 説法), stattdessen machte der gute Abt erst einmal kraeftig Werbung für die heißen Quellen um die Ecke und die weiteren Sehenswuerdigkeiten des Berges, bevor er abschloss mit dem Kommentar "wir bemuehen uns auf dem Koyasan, die Umwelt zu schuetzen und das Wasser sauber zu halten". Ich fragte mich dann schon, ob die gesamte Zeremonie von Fujitsu gesponsert war. Das weckt Erinnerungen an die Pfarrer in der Jugend, die nach erfolgter Segnung sehr deutlich auf den Klingelbeutel an der Kirchenpforte verwiesen.

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